In der heutigen digitalen Welt ist es wichtiger denn je, dass Websites für alle Nutzer zugänglich sind – unabhängig von deren Fähigkeiten oder Einschränkungen. Besonders mittelständische Unternehmen stehen vor der Herausforderung, eine barrierefreie Website zu gestalten, die den gesetzlichen Anforderungen entspricht und gleichzeitig eine breitere Zielgruppe anspricht. In diesem Artikel erklären wir, für wen barrierefreie Websites verpflichtend sind, was barrierefreie Websites ausmacht, welche Anforderungen es gibt und wie mittelständische Unternehmen diese Best Practices umsetzen können.
Barrierefreiheit – wer ist verpflichtet?
Grundsätzlich gilt:
Barrierefreiheit im Web ist insbesondere dann verpflichtend, wenn es sich um Angebote richtet, die der Allgemeinheit zugänglich sind – etwa im öffentlichen Bereich, im E-Commerce oder bei Dienstleistungen für Endverbraucher.
Nicht bindend ist sie derzeit in vielen Fällen für klassische B2B-Websites ohne Shop oder öffentliches Serviceangebot. Dennoch kann es auch hier sinnvoll sein, Barrierefreiheit mitzudenken – etwa für Mitarbeiter mit Einschränkungen, barrierefreie Bewerbungsprozesse oder zur allgemeinen Verbesserung der Usability.
WCAG-Richtlinien:
Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) definieren die Standards für barrierefreie Websites:
1. Prinzip: Wahrnehmbarkeit
Die Inhalte der Website müssen für alle Benutzer wahrnehmbar sein. Das bedeutet, dass Informationen so dargestellt werden müssen, dass sie von den Sinnen der Nutzer erfasst werden können.
- Textalternativen für Nicht-Text-Inhalte: Alle Bilder, Videos und grafischen Inhalte müssen mit Alt-Text versehen werden, damit Benutzer mit Sehbehinderungen, die Bildschirmleser verwenden, den Inhalt verstehen können.
- Medienalternativen: Für Audio- und Videoinhalte sollten Untertitel und Transkripte zur Verfügung gestellt werden, um gehörlosen oder schwerhörigen Nutzern den Zugang zu ermöglichen.
- Anpassung der Präsentation: Die Website sollte es den Nutzern ermöglichen, das Design zu verändern, z. B. durch das Anpassen der Schriftgröße oder des Kontrasts. Hoher Kontrast zwischen Text und Hintergrund ist wichtig, um eine optimale Lesbarkeit zu gewährleisten.
2. Prinzip: Bedienbarkeit
Die Website muss für alle Nutzer bedienbar sein, einschließlich derjenigen, die auf Tastatur-Navigation angewiesen sind oder assistive Technologien verwenden.
- Tastaturzugänglichkeit: Alle interaktiven Elemente (wie Buttons, Links, Formulare) sollten per Tastatur erreichbar und bedienbar sein. Nutzer, die keine Maus verwenden können, sollten die gesamte Website mit der Tastatur navigieren können.
- Genügend Zeit zum Interagieren: Nutzer sollten genügend Zeit haben, um Inhalte zu lesen und mit interaktiven Elementen zu interagieren. Hierbei wird empfohlen, automatische Abläufe (wie z. B. Slideshows oder Pop-ups) zu vermeiden oder diese pausierbar zu machen.
- Vermeidung von Navigationsfehlern: Die Website sollte Fehler vermeiden, indem sie eine klare und konsistente Struktur bietet, damit Nutzer sich leicht orientieren können.
3. Prinzip: Verständlichkeit
Die Inhalte müssen für die Nutzer verständlich und einfach zu interpretieren sein.
- Lesbarkeit: Der Text sollte klar und einfach geschrieben sein. Verwenden Sie einfache Sprache und vermeiden Sie unnötige Fachbegriffe, damit die Inhalte von allen Nutzern verstanden werden können.
- Fehlermeldungen: Formulare und interaktive Elemente sollten klare Fehlermeldungen liefern, wenn etwas schiefgeht. Dies hilft den Nutzern, Fehler zu verstehen und sie zu korrigieren. Fehler sollten immer mit einer Erklärung versehen werden, wie der Nutzer das Problem beheben kann.
- Konsistenz: Die Struktur der Website sollte konsistent sein, damit Nutzer genau wissen, wo sie die gewünschten Informationen finden. Dies betrifft insbesondere das Design und die Navigation.
4. Prinzip: Robustheit
Die Website muss robust genug sein, um mit verschiedenen Technologien und assistiven Geräten kompatibel zu sein.
- Kompatibilität mit aktuellen und zukünftigen Technologien: Eine barrierefreie Website sollte mit allen gängigen Browsern, Bildschirmlesern und assistiven Technologien wie Sprachausgaben und Tastaturhilfen kompatibel sein.
- Verwendung von Standards: Es wird empfohlen, HTML und andere Webtechnologien korrekt und standardkonform zu verwenden, um sicherzustellen, dass die Website in verschiedenen Umgebungen funktioniert.
Die WCAG-Stufen: A, AA, AAA
- A: Grundlegende Anforderungen, die erfüllt sein müssen, damit die Website als barrierefrei gilt.
- AA: Stellt sicher, dass die meisten Nutzer zugreifen können – dies ist der Standard für viele Unternehmen.
- AAA: Höchste Stufe der Barrierefreiheit, aber nicht immer erforderlich.
Warum Barrierefreiheit wichtig ist
- Rechtliche Anforderungen: In vielen Ländern sind barrierefreie Websites gesetzlich vorgeschrieben. Verstöße können zu Bußgeldern führen.
- Erweiterte Zielgruppe: Eine barrierefreie Website spricht eine breitere Zielgruppe an – weltweit leben rund 1 Milliarde Menschen mit Behinderungen.
- SEO-Vorteile: Barrierefreie Websites sind benutzerfreundlicher und werden von Suchmaschinen bevorzugt.
Best Practices für Barrierefreie Websites
- Alt-Text für Bilder: Alle Bilder sollten mit beschreibenden Alt-Texten versehen werden, damit Nutzer mit Bildschirmlesern den Inhalt verstehen können.
- Einfache Navigation: Stellen Sie sicher, dass alle interaktiven Elemente per Tastatur bedienbar sind.
- Kontraste und Schriftgrößen: Verwenden Sie ausreichende Kontraste und ermöglichen Sie Nutzern, die Schriftgröße anzupassen.
- Barrierefreie Formulare: Formulare sollten klare Fehlermeldungen und Beschriftungen bieten.
- Regelmäßige Tests: Verwenden Sie Tools wie WAVE oder Google Lighthouse, um die Barrierefreiheit zu überprüfen.
Empfehlung: Stufenweise und pragmatisch vorgehen
Gerade im Mittelstand ist es sinnvoll, Barrierefreiheit als fortlaufenden Prozess zu betrachten – und nicht als einmalige Hürde. Eine mögliche Roadmap:
- Priorisierung: Welche Seiten und Funktionen sind öffentlich zugänglich? Welche Inhalte sind besonders wichtig?
- Quick-Wins umsetzen: Alt-Texte, Kontraste, Schriftgrößen, Tastaturbedienung.
- Tools einsetzen: Accessibility-Checker & KI-Tools für Analyse und Umsetzung.
- Testphase: Mit betroffenen Nutzern oder Testgruppen arbeiten.
- Langfristig planen: Kontinuierlich verbessern – idealerweise bei jedem Relaunch oder Update berücksichtigen.
Fazit
Barrierefreie Websites bieten nicht nur eine verbesserte Nutzererfahrung und rechtliche Sicherheit, sondern auch bessere SEO-Rankings. Mittelständische Unternehmen sollten die WCAG-Richtlinien umsetzen, um ihre Website inklusiver und wettbewerbsfähiger zu gestalten.